Elektronikabfälle sind eine der am schnellsten wachsenden Abfallquellen weltweit (Smith & Gutterman, 2023). Allein im Jahr 2022 wurden weltweit etwa 62 Millionen Tonnen Elektronikabfälle produziert, davon knapp zwei Millionen Tonnen allein in Deutschland (Baldé et al., 2024). Im Vergleich zum Jahr 2010 hat sich die Menge an Elektronikabfällen weltweit nahezu verdoppelt, während die Sammelmenge an Elektronikabfällen im Vergleich nur langsam angestiegen ist und in Deutschland in den letzten Jahren sogar rückläufig war (Baldé et al., 2024 und Umweltbundesamt, 2024). Entsprechend dringend besteht der Handlungsbedarf, die Problematik unter Kontrolle zu bekommen.

Ökologische Auswirkungen von Elektronikabfällen

Elektronikaltgeräte enthalten eine Vielzahl giftiger Elemente und Verbindungen wie Lithium, Quecksilber, Blei, Barium und Flammenschutzmittel. Ein großer Teil der nicht sachgerecht entsorgten Elektronikabfälle landet auf Deponien, wodurch giftige Substanzen im Laufe der Zeit in den Boden und ins Grundwasser übergehen können, mit fatalen Folgen für Pflanzen, Tiere und Menschen (Gupta & Nath, 2020; Jain et al., 2023 und Baldé et al., 2024).

Im Idealfall werden die Geräte im Elektronikabfall nach der Sammlung daraufhin überprüft, ob eine Wiederverwendung ohne großen Aufwand möglich ist. Ist dies nicht der Fall, so werden Flüssigkeiten (bspw. Kühlflüssigkeiten), Schadstoffe und schadstoffhaltige Komponenten entfernt. Die restlichen Bauteile werden zerkleinert, nach Materialart (bspw. Metalle, Kunststoffe, …) getrennt und an entsprechende Unternehmen wie Kunststoffrecycler, Hüttenwerke, … für die weitere Verwertung weitergegeben (Umweltbundesamt, 2021).

Das Recycling von Elektronikabfällen ist je nach Land unterschiedlich geregelt. Weltweit besitzen 81 Länder einen rechtlichen Rahmen zur Regelung des Umgangs mit Elektronikabfällen, darunter alle 27 Mitglieder der EU. In Ländern mit fehlendem rechtlichen Rahmen oder unzureichend ausgebauten Recycling-Möglichkeiten für Elektronikabfälle besteht ein erhöhtes Risiko, dass Elektronikabfälle im offenen Feuer verbrannt werden, um wertvolle Rohstoffe zu gewinnen. Durch unreguliertes Verbrennen von Elektronikabfällen werden giftige Dämpfe freigesetzt, beispielsweise durch enthaltene Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Chrom und Kupfer oder durch in Kunststoffen enthaltene, giftige Flammschutzmittel. Die giftigen Dämpfe können sich weit verbreiten und unter anderem Fehlgeburten, Entwicklungsstörungen und Lungenkrankheiten auslösen (Baldé et al., 2024 und Khadka, 2024).

Andererseits können Rohstoffe, die aus recycelten Elektronikaltgeräten gewonnen werden, einen Teil des weltweiten Ressourcenbedarfs decken. Der Abbau von Metallen und anderen Rohstoffen ist mit enormen ökologischen Folgen in den Abbauregionen verbunden und führt zur Zerstörung von Ökosystemen, Luft- und Wasserverschmutzung und dem Verlust der Biodiversität (Baldé et al., 2024). Der Rohstoffabbau ist darüber hinaus häufig mit gefährlichen und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, Menschenrechtsverletzungen und dem Einsatz von Kinderarbeit verbunden und setzt mehr Treibhausgasemissionen frei als das Recycling von Elektronikabfällen (Baldé et al., 2024). Entsprechend bietet die Rückgewinnung von Ressourcen aus Elektronikabfällen ein hohes Potenzial, die mit der Rohstoffgewinnung assoziierten negativen Folgen zu reduzieren.

Verpasste Chancen im Elektroschrott: Ein globales Verlustgeschäft

Auch aus ökonomischer Perspektive bietet das Recycling von Elektronikabfällen ein hohes Potenzial. Für das Jahr 2022 wurde geschätzt, dass in den weltweiten Elektronikabfällen Metalle im Wert von etwa 86 Milliarden Euro enthalten waren, wovon ein Großteil auf Kupfer (ca. 21 %), Eisen (ca. 17,5 %) und Gold (ca. 16,5 %) entfällt. Insgesamt wurden Metalle im Wert von etwa 26,5 Milliarden Euro aus Elektronikabfällen wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt, davon jedoch nur etwa 8 Milliarden Euro durch offizielle Sammel- und Recyclingprogramme (Baldé et al., 2024 und European Central Bank, 2025). Im Vergleich zum Bergbau werden beim Recycling von Elektronikabfällen weniger Treibhausgasemissionen freigesetzt, sodass der Weltwirtschaft im Jahr 2022 schätzungsweise weitere 21 Milliarden Euro Folgekosten von Klimaschäden durch das Recycling von Elektronikaltgeräten erspart geblieben sind (Baldé et al., 2024 und European Central Bank, 2025). Sachgerechtes Recycling von Elektronikabfällen kostete im Jahr 2022 knapp 35 Cent pro Kilogramm (Baldé et al., 2024 und European Central Bank, 2025). Bei einer Menge von etwa 62 Milliarden (Baldé et al., 2024) Kilogramm Elektronikabfällen weltweit beliefen sich die Kosten hochgerechnet auf etwa 20 Milliarden Euro und damit deutlich weniger als die 86 Milliarden Euro an enthaltenen Rohstoffen und damit ein hohes Gewinnpotential, erst recht, wenn davon ausgegangen werden kann, dass auch die Treibhausgasemissionen und damit verbundene Folgekosten weiter reduziert werden könnten.

Aktuell entstehen darüber hinaus für die Weltwirtschaft hohe Kosten durch unsachgemäßes Recycling. Schätzungen zufolge beliefen sich diese im Jahr 2022 auf etwa 33 Milliarden Euro durch langfristige sozioökonomische Folgen, Umweltschäden und Treibhausgasemissionen, weitere 20 Milliarden Euro durch Kosten und Ausfälle, die mit Quecksilbervergiftungen durch unsachgemäßes Recycling in Verbindung gebracht werden können, mehr als 17 Milliarden Euro Folgeschäden durch Kunststoffe, die in die Umwelt gelangen, und etwas weniger als 1 Milliarde Euro durch die Bleifreisetzung in die Umwelt und die damit verbundenen Folgeschäden für Menschen und Wildtiere (Baldé et al., 2024 und European Central Bank, 2025).

Der informelle Recycling-Sektor von Elektronikabfällen beinhaltet hunderttausende Arbeitsplätze weltweit, insbesondere in Ländern mit mittleren und niedrigen durchschnittlichen Einkommen und mangelnden Berufsperspektiven. Entsprechend hoch ist die Anzahl der Menschen, die trotz der gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen auf das – wenn auch geringe – Einkommen angewiesen sind. Umso wichtiger ist es daher, dass die Transformation zu sachgerechter Entsorgung von Elektronikabfällen sozialverträglich verläuft. Ein entscheidender Ansatzpunkt ist dabei, Armut als wichtige Ursache für die gefährliche Arbeit im informellen Recyclingsektor mitzuberücksichtigen und zu bekämpfen. Wichtige Schritte sind unter anderem die Beendigung gefährlicher und schädlicher Arbeitspraktiken durch die Integration des informellen in den formellen Sektor und die Schaffung von Arbeitsplätzen mit sicheren Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutzstandards (Lundgren, 2012).

Sachgerechtes Recycling von Elektronikabfällen bietet somit das Potenzial alle drei Säulen der Nachhaltigkeit – Planet, People, Profi – positiv zu beeinflussen, da sachgerechtes Recycling nicht nur die Umweltauswirkungen von Elektronikabfällen (Planet), sondern auch die damit verbundenen Folgekosten für die Weltwirtschaft reduziert (Profit). Bei einer richtigen Gestaltung der Transformation zu einem weltweiten Recycling-System können Arbeitsplätze mit sicheren Arbeitsbedingungen und faireren Bezahlungen geschaffen und Gesundheitsrisiken minimiert werden (People), während gleichzeitig potenzielle Gewinne aus den zurückgewonnenen Ressourcen erzielt werden können (Profit).

Globale Entsorgungsströme: Das Problem unerlaubter Elektroschrott-Exporte

Abbildung 1: Weltweite Exporte und Importe von Elektronikabfällen. Quelle: Global E-Waste Monitor 2024 (Baldé et al., 2024).

Abbildung 1: Weltweite Exporte und Importe von Elektronikabfällen. Quelle: Global E-Waste Monitor 2024 (Baldé et al., 2024).

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit Elektronikabfällen sind illegale Exporte. Zwar können gute Gründe bestehen, Elektronikabfälle international zu transportieren, wie der Transport von Elektronikabfällen in Regionen mit besseren Recyclingmöglichkeiten und höheren Recyclingkapazitäten oder der Export spezifischer Komponenten (bspw. Leiterplatinen) in spezialisierte Recyclinganlagen. (Baldé et al., 2022 und Baldé et al., 2024) Ein Großteil des weltweiten internationalen Verkehrs von Elektronikaltgeräten und -abfällen verläuft jedoch in die andere Richtung - von einkommensstarken Ländern in Länder mit mittleren und niedrigen Einkommen, in denen die Recyclingmöglichkeiten in der Regel begrenzt sind und die Elektronikabfälle deponiert oder in informellen Sektor mit unzureichenden Umweltschutzstandards weiterverarbeitet werden. Fehlende Legislatur macht hierbei den illegalen Transport von Elektronikabfällen besonders einfach, indem diese als gebrauchte Elektronik deklariert wird, welche keinen internationalen Exportbeschränkungen unterliegen (Baldé et al., 2022 und Baldé et al., 2024). Die internationalen Ströme von Elektronikabfällen sind in Abbildung 1 dargestellt (Baldé et al., 2024).

Recycling funktioniert – nur nicht mit uns