Digitalisierung und IT werden häufig als wichtige Mittel angesehen, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Ein sinnvoller Einsatz digitaler Schlüsseltechnologien wie Big Data, Internet of Things (IoT) und Künstliche Intelligenz (KI) können hierbei einen erheblichen Beitrag leisten. KI-Modelle können zum Beispiel dafür eingesetzt werden, die Verkehrsführung durch Echtzeitanalysen zu verbessern und eine Einsparung klimaschädlicher Treibhausgase zu erreichen. Big Data kann hingegen zum Beispiel zu einer besseren Vorhersage anstehender Umweltkatastrophen beitragen und somit helfen, die Auswirkungen zu minimieren (vgl. Grosch et al., 2023). Eine Studie schätzt, dass alleine durch den geeigneten Einsatz von IT bis zu 15 % der globalen Treibhausgas-Emissionen eingespart werden könnten (vgl. Boccaletti et al., 2008).
Andererseits ist der IT-Sektor Schätzungen zufolge bereits heute für 1,5 % bis 4 % aller globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, mit steigender Tendenz (vgl. Ayers et al., 2024). Trotz des enormen Potenzials der IT, einen wichtigen Beitrag im Klima- & Umweltschutz zu leisten, werden die negativen Umweltauswirkungen des IT-Sektors momentan noch nicht durch die positiven Einflüsse IT-gestützter Systeme auf die Nachhaltigkeitsentwicklung kompensiert (vgl. Lange et al., 2020). Umso wichtiger ist es daher, die Gestaltung von IT-Systemen in Zukunft an Nachhaltigkeitsprinzipien zu orientieren, um die Umweltauswirkungen zu minimieren und das volle Potenzial der IT im Klimaschutz zu entfalten.
Die Nachhaltigkeit von IT-Produkten kann anhand verschiedener Prinzipien bewertet werden, welche darauf abzielen, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Planet, People und Profit – zu berücksichtigen. Einige der Nachhaltigkeitsprinzipien können mehreren Dimensionen der Nachhaltigkeit zugeordnet werden.
Nachhaltigkeitsprinzipien, die der ersten Dimension (Planet) zugeordnet werden können, legen den Fokus darauf, die (negativen) Auswirkungen von IT-Produkten auf Natur und Umwelt zu minimieren, zum Beispiel durch die Minimierung des Ressourcenverbrauchs und hohe Recyclebarkeit.
Nachhaltigkeitsprinzipien mit Fokus auf der zweiten Dimension (People) bewerten die Auswirkungen auf Menschen und Gesellschaft. Hierunter fallen Kriterien, die die Zugänglichkeit und Barrierefreiheit bewerten, aber zum Beispiel auch die Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen auf die Nutzer*innen.
Nachhaltigkeitsprinzipien zur Bewertung der dritten Dimension (Profit) untersuchen die wirtschaftlichen Aspekte eines IT-Produkts. Zu den relevanten Kriterien gehören unter anderem die Langlebigkeit, Kompatibilität mit anderen Produkten sowie Lizenzkosten.
Die Nachhaltigkeitsentwicklung von IT-Produkten ist ein kontinuierlicher Prozess. Ob eine Technologie nachhaltig ist oder nicht, muss immer relativ und im Vergleich zu alternativen Technologien und Möglichkeiten betrachtet werden. Aufgrund von wissenschaftlichem und technologischem Fortschritt, schwankender Verfügbarkeit von Ressourcen, sich weiterentwickelnder gesellschaftlicher Bedürfnisse und wechselnder Einsatzbereiche kann es vorkommen, dass die Nachhaltigkeit einer Technologie im Laufe der Zeit neu bewertet werden muss. Neuartige Entwicklungen, welche zu Beginn als nachhaltig klassifiziert werden, können bereits nach wenigen Jahren nicht mehr den aktuellen Ansprüchen genügen (vgl. Grosch et al., 2023, S. 15).
In der Literatur wird eine Vielzahl verschiedener Nachhaltigkeitsprinzipien für IT-Systeme herangezogen. Im Folgenden ist eine Auswahl zentraler Prinzipien dargestellt.
Der Begriff Wiederverwendung basiert in der Regel definitorisch darauf, dass Vorhandenes verwendet wird, um Neues zu schaffen (vgl. Stützle, 2002, S.11.). Im IT-Sektor (Software & Hardware) kann dies auf die Wiederverwendung von Software, -bibliotheken oder -komponenten sowie Wiederverwendung von Hardwarekomponenten und -materialien übertragen werden sowie eine möglichst lange und effiziente Nutzung von Hardware und Software.
Bei der Produktion oder dem Verbrauch bestimmter Güter bzw. der Erbringung und Entgegennahme von Dienstleistungen kann es zu Nachteilen (negativen Effekten) für Dritte kommen. Diese Effekte wirken sich negativ auf Mensch und Umwelt aus, werden jedoch nicht in die Preise und Profitbildung der produzierenden oder dienstleistenden Unternehmen einkalkuliert (vgl. Waschbusch, 2018). Konkret geht es hierbei darum, mögliche negative Effekte auf Umwelt und Mensch zu vermeiden, wie beispielsweise den Verbrauch von Wasser für die Datenzentren, statt Landwirtschaft (vgl. Benoit, 2023), der Umgang mit toxischen Stoffen, kriegerische Konflikte wegen seltenen Erden (vgl. deutschlandfunk.de, o. D.), Kinderarbeit aufgrund von geologischen Gegebenheiten auf der Suche nach seltenen Erden, und geplante Obsoleszenz (vgl. Dallmus, 2022). Auch Aktionspunkte, die versuchen, die negativen Effekte umzudrehen, zählen dazu.
Ressourcenschonung bezieht sich auf die effiziente Nutzung von natürlichen Ressourcen, um ihren Verbrauch zu minimieren und ihre Verfügbarkeit für gegenwärtige und zukünftige Generationen zu erhalten. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die Umweltbelastung zu reduzieren, Abfall zu vermeiden und nachhaltige Produktions- und Konsumgewohnheiten zu fördern. Ressourcenschonung basiert auf dem Prinzip, dass natürliche Ressourcen begrenzt sind und verantwortungsbewusst genutzt werden sollten, um Umweltauswirkungen zu minimieren und ökologische Gleichgewichte zu erhalten (vgl. Haufe, 2021).